Blickpunkt-Sehestedt
So lebt die Sehestedter Gemeindevertretung Demokratie…
Zum Hintergrund: Es geht um vorhandene und künftige Windmühlen im Norden Sehestedts. Während die Haltung der Sehestedter Bürger zu diesem Thema sehr gemischt ist, vertritt die weit überwiegende Mehrheit der Gemeindevertreter (GV) eine Pro-Windmühlen Politik, die auf durchaus skurrile und eigentümliche Weise zu Stande kommt. Sie äussert sich in den Stellungnahmen der GV im Rahmen der S-H Landesplanung. Die Stellungnahmen der GV sind unterschiedlich, selten öffentlich begründet und ihr Zustandekommen lässt viele Fragen offen.
Und das ist in letzter Zeit passiert: Nach einer für Sehestedter Verhältnisse „turbulenten“ Einwohnerversammlung in 2018 hat die GV ihre Stellungnahme noch einmal überdacht und eine Art Kompromiss gefunden, nämlich die bereits mit Windmühlen bebaute Fläche 039 als Vorranggebiet zu erhalten, die neu hinzugekommene östliche Fläche 404 jedoch abzulehnen.

Zwischenzeitlich hat eine Stellungnahme des WSV (Wasser- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes) im Planungsverfahren zu den Risiken der Windmühlenbeleuchtung für die Sicherheit der Schifffahrt im NOK dazu geführt, dass beide Flächen (039 und 404) keinen Status als Vorrangflächen erhalten sollen. Wenn das bis zum Abschluss des Planungsverfahrens so bliebe, dann dürften die vorhandenen Windmühlen solange wie möglich betrieben werden. Ein Neubau oder Repowering käme nicht mehr in Frage.
Die GV ließ es sich nun nicht nehmen, in Phase 3 der Landesplanung noch einmal Stellung zu nehmen. Sie hat die Vorbereitung dieser Stellungnahme dem Bau-, Wege- und Umweltausschuss der Gemeinde übertragen. Obwohl kaum ein Teilnehmer dieser Diskussion über eine solide nautische Ausbildung verfügt, setzte man sich über die Stellungnahme der WSV hinweg und befürwortete weiterhin die Fläche 039 (nicht aber die 404) als Vorrangfläche. Dementsprechend wurde von dem Ausschuss ein Beschlussvorschlag für die GV erstellt. Dass dieser das Risiko der Schifffahrt auf dem NOK erhöht, war genügend deutlich von der Versammlung diskutiert worden. Auch der gegen die Kanalböschung fahrende LNG-Tanker war als Höchstrisiko erwähnt worden.
Kurz danach, am 12.3.2020, einen Tag vor Ende der Frist zur Abgabe der Stellungnahme tagte die GV. Völlig überraschend zog Bürgermeister Torsten Jürgens-Wichmann, unterstützt von Amtsdirektor Andreas Betz, in der Sondersitzung eine geänderte Beschlussvorlage aus der Tasche, in der in Bezug auf die Fläche 404 das genaue Gegenteil zur Abstimmung gestellt wurde: Es heißt jetzt, dass die Gemeinde die Herausnahme der Fläche 404 als Vorranggebiet (ebenfalls) ablehne. Dies geschah ohne jede Vorankündigung, geschweige denn Öffentlichkeitsbeteiligung.
Man sollte nun annehmen, die Gemeindevertreter würden diese Beschlussvorlage ablehnen oder jedenfalls eine Abstimmung hierüber verweigern, weil keine ausreichende Vorbereitung möglich war. Weit gefehlt! Von einer Ausnahme (Petra Reiber) abgesehen, stimmten alle übrigen Gemeindevertreter ohne Diskussion dafür.
So lässt sich diese nicht erfundene Geschichte zusammenfassen: Die GV der Gemeinde Sehestedt nimmt in Zusammenhang mit der Planung von Windvorrangflächen Positionen ein, die denen fachkundiger Behörden diametral widersprechen. Sie kommt zu diesen Positionen in einem Verfahren, das sicherlich nicht in allen Punkten den in einer Demokratie üblichen entspricht. Und eine vernünftige Einbeziehung der Öffentlichkeit findet aus unserer Sicht nicht ausreichend statt.
Daher unsere Fragen:
Wann wurde die geänderte Beschlussvorlage den Gemeindevertretern bekannt gegeben?
Wie kam es zu dem Sinneswandel?
Wessen Interessen vertritt die Gemeindevertretung?
Weshalb wurde die Öffentlichkeit nicht beteiligt oder jedenfalls vor der Abstimmung informiert?